Demo zum Finale der Männer-WM durch Repression verhindert worden
Während im Maracanã-Stadion in Rio de Janeiro das Finale der Männerfussball-WM angepfiffen wurde, zeigte die brasilianische Polizei unweit entfernt des Stadions, was es bedeutet, wenn ein Territorium durch die FIFA besetzt wird und ein Staat unter allen Umstaenden für Ruhe sorgen will.
Bereits um zehn Uhr morgens trafen sich Aktivist_innen am Alfonso Pena Platz in Tijuca um dem Aufruf des Buendnis “Copa na rua” (WM in den Strassen) zu folgen. Das Buendnis hatte bereits mehrere Demos organisiert, darunter eine grosse Demo mit mehreren tausend Menschen am 12. Juni, dem Eroeffnungstag der Maenner-Weltmeisterschaft und einer Demo am 28. Juni, die sich auf die Stonewall-Riots vor 45 Jahren bezog. Trotz der Hoffnung vieler Aktivist_innen, dass sich nach einem Ausscheiden Brasiliens, die Proteste in den Strassen vergroessern wuerden, beteiligten sich lediglich 500 Menschen. Die Demo, welche, wie die anderen “Copa na rua” Proteste, sehr darauf bedacht war nicht konfrontativ aufzutreten, zog eineinhalb Stunden lang zum Platz Saens Pena, ebenfalls in Tijuca. Dort sollte um 13 Uhr eine grosse Demonstration der Frente Independente Popular ( und https://www.facebook.com/FIPRJ?ref=ts&fref=ts) gemeinsam mit Favela-Organisationen stattfinden. Sowohl die FIP als auch die Favela-Bewohner_innen hatten bereits zuvor verschiedene Demos organisiert. Die Demo zum Finale war zum einen als Manifestation fuer die Freiheit der politischen Gefangenen und zum anderen als Erinnerung an das einjaehrige Verschwinden Amarildos aus Rocinha gedacht (a festa nos estádios não vale as lágrimas nas favelas \ ueber den Fall Amarildo siehe u.a..
Bereits eine Stunde vor der Demo waren an allen Strassenecken des Platzes, sowie in den umliegenden Strassen schwere Polizeieinheiten stationiert. An diesem Punkt haette sich mensch eigentlich schon denken koennen, dass die Taktik der Bullen dieses mal sein wuerde, die Demo gar nicht erst loslaufen zu lassen.
Nachdem sich der Platz gefuellt hatte, begannen sich mit eineinhalbstuendiger Verspaetung ca. 1000 Menschen kraftvoll in Bewegung zu setzen. Meiner Ansicht nach war diese Demo zu Beginn der bisher staerkste antagonistische Ausdruck der WM-Proteste in Rio, nicht zuletzt deshalb, weil verschiedene Spektren, die bisher voneinander getrennt demonstriert hatten, nun zusammen auf der Strasse waren. Die Frente Indepente Popular, Die Favela-Bewohnerinnen und – Organisationen, sowie die Reste der Copa na rua Demo, ausserdem gab es einen kleinen Palestina-Soli-Block. Ob die Bullen diese Kraft bemerkten oder bereits im voraus geplant war, die Demo einzukesseln bleibt Spekulation, allerdings deutet einiges darauf hin, dass es sich um einen vorbereiteten Kessel handelte, der dafuer sorgen sollte, dass im FIFA-Land am Maracanã-Stadion waherend des Spektakels Ende Ruhe herrscht.
Nach der ersten Strassensperre der Bullen, drehte die Demo um und veruchte auf anderem Weg zum Maracanã zu gelangen. Die nacheste Bullensperre war allerdings nicht weit, und diesesmal schossen die Bullen direkt Traenengas- und Schockgranaten in die Menge. Die Demo zerstreute sich auf dem Platz, waerend die Bullen immer weiter Traenengas verschossen. Nach einiger Verwirrung, Panik, mehreren brutalen Festnahmen und Uebergriffen, sammelte sich ein kleiner Teil der Demo, um wieder auf die Strasse zu gehen. Die Bullen antworteten mit noch mehr Traenengas und Schockgranaten. Nach mehreren Angriffen und weiteren sehr brutalen Festnahmen, war die Demo ziemlich demoralisiert, sodass die meisten Leute nur weg wollten.
Das wollten die Bullen allerdings verhindern und so wurde aus dem Saens Pena Platz das erste Freiluftgefaengnis Rios. Bis zum Ende des Finales durfte niemand den Platz verlassen. Die Metro wurde geschlossen und nicht einmal Anwohner_innen oder Leute die vom einkaufen kamen, wurden von den Militaerbullen durchgelassen. Dass ganze zog sich ueber mehrere Stunden hin. Waehrend dieser Zeit scheint es den Bullen langweilig geworden zu sein, denn alle paar Minuten provozierten sie die Leute, nahmen willkuerliche Festnahmen vor, schossen mit Gasgranaten oder setzten Pfefferspray ein. Zwischendurch wurden immer wieder die Taschen und Rucksaecke von Leuten durchsucht, die die Bullen wohl dem schwarzen Block zuordneten. Ausserdem attackierten sie Journalist_innen und klauten mindestens eine Kamera. Wieviele Festnahmen es am Ende gab, ist wegen der unuebersichtlichen Situation schwer zu sagen.
In den letzten Wochen hat sich die Bullentaktik sehr veraendert. Mittlerweile ist es ueblich, dass es ein Seitenspalier gibt und nun scheint auch das Kesseln im Repertoire der Bullen Rios vorhanden zu sein. Ob das mit dem Training brasilianischer Bullen beim deutschen SEK zu tun hat? Im Allgemeinen hat sich die Repression auf der Strasse verschaerft. Waehrend die ersten Demos von den Bullen noch weitgehend in Ruhe gelassen wurden, war bereits die letzte Demo der FIP am 4. Juli mehrfach von den Bullen angegriffen worden, dabei wurden mehrere Menschen festgenommen.
Schon am Tag vor dem Finale griff der brasilianische Staat tief in die Repressionstrickkiste und versuchte 60 Menschen praeventiv zu Verhaften. Davon sind 26 (nach anderen Angaben 21) fuer eine fuenftaegige Vorbeugehaft in den complexo penitenciário de Bangu verschleppt worden (siehe Artikel: 1 oder 2). Darunter sind die gleichen Leute, die bereits am 11. Juni, dem Tag vor Beginn der Maenner Fussball WM ihre Wohnung gerazzt bekamen und von den Bullen auf die Wache verschleppt wurden.
Aus diesem Grund gibt es morgen am 15. Juli um 17 Uhr eine Kundgebung vor dem Tribunal de Justiça, um fuer die Freiheit der politischen Gefangenen zu demonstrieren.
Videos:
https://www.youtube.com/watch?v=kzkr2guUA2I#t=150
https://www.youtube.com/watch?v=qQdz2RaVmwE
https://www.youtube.com/watch?v=SsdsF7nm-m4
https://www.youtube.com/watch?v=iugprDMh0Uo
http://www.youtube.com/watch?v=2i9RylL6fcg&feature=youtu.be
http://www.youtube.com/watch?v=SsdsF7nm-m4&hd=1
https://www.youtube.com/watch?v=yEZuxtQGNDQ
Auf den Facebook Seiten der verschiedenen Gruppen gibt es noch weiteres Video- und Fotomaterial.
Quelle: linksunten mit weiteren Fotos