Erklärung
Im Anschluss an die international und bundesweit mobilisierte Demonstration für die Verteidigung der Roten Flora, den Erhalt der Esso-Häuser und für die Durchsetzung des Aufenthalts für alle Flüchtlinge in der BRD haben wir die Elbchaussee zwischen Liebermannstrasse und Hohenzollernring mit Barrikaden stillgelegt. Dafür haben wir Baustellenmaterial, brennende Reifen und teure Autos auf der Straße quergestellt. Parallel wurden mehrere angrenzende Villen und ein Bürokomplex mit Farbe und Steinen ramponiert und die dazugehörenden Luxusautos zerstört.
Die Elbchaussee ist in Hamburg nicht „irgendeine“ Straße. Sie hat die Funktion der Hauptverkehrsader für die „high society“ dieser Stadt. Morgens schlängeln sich Luxusfahrzeuge in großer Anzahl in die Büros der City, abends zurück. Sie gilt als eine der ersten Wohnorte der Stadt und ein großer Prozentsatz der 42.000 Hamburger Millionär_innen wohnt in den Elbvororten, Othmarschen, Nienstedten, Flottbeck und Blankenese. In Nienstedten liegt das Durchschnittseinkommen mit 170.000 Euro elfmal höher als in Veddel. Wir haben exemplarisch drei Villen und ein Büro angegriffen, deren Besitzer_innen für Unterdrückung und Ausbeutung in Hamburg, der BRD und international verantwortlich sind.
Beispiel für: Zerstörung von Stadtvierteln,
der Vertreibung ihrer Bewohner_innen, menschenunwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen von Arbeiter_innen in Brasilien, Rußland, Südafrika,… Elbchaussee Nr. 139 und 137
Sitz des Architekturbüros von Gerkan, Marg + Partner (GMP) und Wohnhaus von Gerkan. Im Juni dieses Jahres gingen während des Confederation Cups in Brasilien Hunderttausende von Menschen auf die Straßen. Angestoßen von Protesten der „Recht auf Stadt“- Bewegung, Anarchist_innen und dem Movimento
Passe Libre (MPL, die für den kostenlosen öffentlichen Transport kämpfen) legten sie das öffentliche Leben in Brasiliens Metropolen nahezu still. Sie blockierten Verkehrswege, besetzten Regierungsgebäude und lieferten sich vor den Fußballstadien Straßenschlachten mit der Polizei. Denn neben Fahrpreiserhöhungen, einer nachvollziehbaren Unzufriedenheit mit ihren Lebensbedingungen im kapitalistischen Wahnsinn, richteten sich die Proteste gezielt gegen die Verschwendung exorbitanter Summen, welche für die Ausrichtung der Männerfußball WM 2014 und der Olympischen Spiele 2016 im Land ausgegeben werden. Ca. 11 Milliarden Euro für die Fußball WM und noch mal fast genauso
Als Folge der „Aufwertung“ durch die Sportgroßveranstaltungen werden z.B. in Rio Favelas zerschlagen, hunderte Häuser, die ohne „Eigentumstitel“ errichtet wurden, dem Erdboden gleichgemacht und Menschen mit geringem Einkommen vertrieben. Mit Milliarden aus staatlichen Subventionen wird ähnlich wie in den Hafenstädten Europas die Hafenzone Rios in einem augeblasenem Public Partner Partnership umgemodelt [steht so im Original]. Für Investitionssicherheit sorgen die Unidades de Policia Pacificadoras UPP (Polizeieinheiten zur Befriedung der Favelas), die fest in den Vierteln stationiert werden, finanziert von Industrie, Banken und Immobilienbranche.
GMP zeichnen verantwortlich für die Planung der Stadien in Manaus und Brasilia, Investitionsvolumen 200 Mio. und 350 Mio. Euro. In beiden Städten existieren keine bedeutenden Fußballvereine. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Stadien nach der WM ähnlich wie in Südafrika ungenutzt dahinsiechen werden, ist sehr groß. Marg gibt zu, daß die Arenen in erster Linie Prestigeprojekte darstellen, betont aber, daß sie für das Renommee des Büros wichtig sind. Er sagt: „ Ich bin ein Teil des Systems. Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert.“ Mit dieser offenherzigen Einstellung scheut er auch vor einer Audienz bei den Potentaten in Katar nicht zurück. Hier locken Stadienprojekte für die Männerfußball WM 2022. In Katar schuften über eine Million Arbeitsmigrant_innen unter erbärmlichen Bedingungen und in sklavenähnlichen Abhängigkeiten. Ihnen werden die Pässe abgenommen, sie müssen in Elendsbehausungen leben und bekommen ihre kargen Löhne oft monatelang nicht ausgezahlt. Die Nepalesische Botschafterin bezeichnete Katar als größtes Open-Air Gefängnis der Welt. Im Sommer starben dutzende nepalesische Arbeiter auf den Baustellen. In Katar wird von Investitionen in Höhe von 105 Milliarden Euro zur Realisierung der Fußballmänner-WM ausgegangen. Schon jetzt entsteht mit Lusail City eine neue Stadt, die als Drehscheibe funktionieren soll, und in der auch die meisten Hotelneubauten und ein Megastadion geplant sind.
GMP spielen in der Championsleague der Stadionbauten mit. 2010 fing es mit drei Stadien für die WM in Südafrika an. Es folgten die Stadien in Kiew und Warschau für die EM 2012. 2014 steht die WM in Brasilien an, für die Olympiade 2016 gabs den Zuschlag für das Schwimmstadion und die Tennisarena. Für die Männerfußball WM 2018 in Rußland hat GMP für vier Stadionneubauten und den Umbau des Olympiastadions in Moskau unterschrieben. Was für beschissene Bedingungen die Arbeiter_innen dort erwarten, kann zur Zeit in Sotschi beobachtet werden. Auf dem Rücken von Zehntausenden Arbeitsmigrant_ innen aus Kirgisistan, Tadschikistan, und Usbekistan
viel für die Olympiade. 20 wird dort die Infrastruktur für die Winterolympiade 2014 aus dem Boden gestampft.
Beispiel für Produktion von Kriegswaffen und Ausrüstung der deutschen Kriegsmarine, Elbchaussee 146,
Herbert Aly, Geschäftsführer von Blohm und Voss. Letzte Woche wurde bei Blohm und Voss die Taufe der ersten von vier Fregatten des Typs F125 gefeiert. Blohm und Voss stellt im Auftrag von Thyssen Krupp Marine Systems Kriegsschiffe einer neuen Generation her, Stückpreis 660 Mio. Euro.
War starts here – let‘s stop it here!
Ein anderes Geschäftsfeld der Werft ist die Fertigung von Megajachten, Spielzeuge für die Superreichen (z.B. liegt z.Zt. die Jacht des Microsoft Mitbegründers Paul Allen im Dock).
Exemplarisch für Ausbeutung im Betrieb, Klassenkampf von oben: Elbchaussee 141,
Krüger, Mitinhaber der Firma Neupack.
Die Mitglieder der Familie Krüger geben sich gerne als ehrbare Kaufleute. Seit über 50 Jahren gibt es in ihrer Firma, dem Verpackungsmittelhersteller Neupack keinen Tarifvertrag und in Gutsherrenmanier wurde über Entlohnung etc. entschieden, die Löhne lagen deutlich unter branchenüblichem Niveau, jahrelang gab es keine Lohnerhöhungen. Am 1.11.2012 begannen die Belegschaften der beiden Firmenstandorte Hamburg-Stellingen und Rotenburg einen Streik für einen Tarifvertrag. Es war einer der langwierigsten Arbeitskämpfe in Hamburg seit 1945. Die Familie Krüger beantwortete den Streik und die Blockaden der Betriebe mit dem Einsatz von Streikbrechern mit Unterstützung der Polizei. Zahlreiche Aktive wurden abgemahnt oder gekündigt. Krügers versuchten sogar den Streik vom Arbeitsgericht verbieten zu lassen und bezeichneten die Blockaden der Streikenden gegen die Streikbrecher als Krieg. Leider konnten sich die Streikenden mit dem Ziel eines Haustarifvertrages
nicht durchsetzen, auch weil die IG Bergbau, Chemie und Energie den Kampf nicht entschlossen unterstützte. So müssen die meisten Arbeiter_innen nun mit Bruttolöhnen um 9 Euro über die Runden kommen, während Krügers weiterhin in Villen mit Elbblick wohnen – das ist nicht richtig so.
Mittlerweile arbeiten 1/3 aller Beschäftigten in Deutschland unter prekarisierten Verhältnissen. Die Zahl der Betriebe ohne Tarifbindung wird weiter anwachsen, die Zahl der Arbeitskämpfe in mittelständischen Klitschen auch. In der aktuellen Krisenpolitik ist es notwendig, diese Kämpfe genauso zu unterstützen wie die Kämpfe in Südeuropa gegen die Diktatur der EZB, EU und IWF.
Zur Unterfütterung der Aktion gegen Gerkan, Marg und Partner wurde am Abend vorher die von ihnen gegründete Architekturhochschule „Academy of Architecture“ aac in der Rainvilleterasse erheblich beschädigt.
Allen Genoss_innen und Freund_innen wünschen wir ein kämpferisches und erfolgreiches Jahr 2014 mit vielen coolen Aktionen gegen Gentrifizierung, gegen Kriegspolitik, gegen böse Bosse, Initiativen zur Unterstützung der Textilarbeiter_innen in Asien, zur Unterstützung der Kämpfe in Griechenland, Spanien und Portugal, eine fetzige EZB Eröffnung in Frankfurt/M sowie solidarische Aktionen zu den Kämpfen in Brasilien während der WM.
Rote Flora bleibt!
Den Aufenthalt der Lampedusa-Flüchtlinge durchsetzen!
Senat und Problem-Baeren ins Weltall!
21.12.2013, Hamburg
entnommen aus dem Autonomen Blättchen #16
Pressemeldungen:
Gezielte Angriffe auf Villen in Hamburg
Angriff auf Villen von Firmenchefs